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Geräusche in der Nacht.

Mitten in der Nacht hörte ich ein Geräusch neben meinem Bett und schreckte auf.

„Wer ist da?“ – fragte ich.

„Ich bin´s“, flüsterte eine verängstigte Stimme. Mein Sohn stand neben meinem Bett.

„Was ist los?“ fragte ich den Neunjährigen.

„Ich habe schlecht geträumt.“

„Dann komm mal rein zu mir ins Bett.“ – Er kuschelte sich unter meine Decke. „Was hast Du denn geträumt?“

„Dass mich jemand verfolgt.“ Noch immer war er ganz aufgeregt und sein Herz klopfte laut.

Ich unterdrückte meinen ersten Impuls, ihm gut zuzureden, irgendwelche Ratschläge zu geben oder zu sagen „versuch einfach, was anderes zu träumen“. Meine Sehnsucht war groß, ihn wieder ins Bett zu bringen, ihn mit seiner Decke zuzudecken, mich mit einem zweiten Gute-Nacht-Kuss von ihm zu verabschieden,  um mich dann so schnell wie möglich wieder meinem Schlaf zu widmen.

„Und was möchtest Du gerne, das[s] geschieht?“ – Es begann ein Coaching-Gespräch kurz nach zwei Uhr morgens im Halbschlaf.

„Ich möchte gerne was anderes träumen.“

„Und kannst Du was anderes träumen?“

„Nein, jetzt gerade nicht. Ich muss immer an den Mann denken, der mich verfolgt.“

„Und wenn Du was anderes träumst. Was für eine Art von Traum könnte das sein?“

„Keine Ahnung, was Schönes.“

„Und einen anderen Traum, und was Schönes. Und wenn was Schönes, was für eine Art von Traum könnte ein Traum sein, der ein schöner Traum ist?“

„Ich könnte von dem Wildpark träumen.“

„Und kannst Du von dem Wildpark träumen?“

Lange Pause.

„Und Du willst von dem Wildpark träumen …. , kannst Du von dem Wildpark träumen?“ Lange Pause, bei ihm und bei mir. – Ich wäre beinahe wieder eingeschlafen. Oder bin ich es? - Ich wiederhole meine Frage: „Und Du willst von dem Wildpark träumen …., kannst Du von dem Wildpark träumen?“

„Ich träume schon, Papa.“

„Und Du willst von dem Wildpark träumen. Und Du träumst von einem Wildpark …. , dann ist jetzt bestimmt der richtige Zeitpunkt, dass Du wieder in Dein Bett gehst und dort Deinen Traum weiter träumst.“

Und er stand auf, holte sich nochmals einen Gute-Nacht-Kuss ab und ging in sein Zimmer zurück.

Am nächsten Tag sagte er zu mir: „Papa, das hat richtig gut geholfen gestern. – Bisher hatte ich immer gedacht, ich muss damit ganz alleine umgehen, aber jetzt weiß ich, dass ich zu Dir kommen kann und Du mir hilfst.“

„Das ist schön. - Was hast Du denn geträumt?“

„Von den Wildkatzen, den Eulen, dem Marder, …“ – Er begann zu schwärmen. Dann strahlte er mich an: „Und am Ende habe ich geträumt, dass ich selber eine Wildkatze bin.“

Clean Dream

Wir wissen nicht, was mein Sohn genau geträumt hat. Clean Language bedeutet, dass man nicht alles verstehen muss, was der Klient sagt. Wir unterstützen mit Clean Language Coaching unserer Klienten bei deren Lösungen, ohne alles selbst verstehen zu müssen. Die Vorstellungen des Klienten bleiben die des Klienten.  Was wohl mein Sohn geträumt hat? Wir wissen es nicht genau.

Das erleben wir häufig im Clean Language Coaching: Mit Hilfe der Clean Language Fragen ist es dem Klienten möglich, sofort in seine eigenen Lösungsräume zu gehen. Er hat die Möglichleit, nach vorne zu schauen und zu überlegen, wo er gerne hin möchte. Die Fragen leiten ihn und ermöglichen ihm schnell seine neue Vorstellung zu erforschen, zu vertiefen, immer wieder zu überprüfen und zu sehen, ob und wie sie umsetzbar ist. Er entdeckt seine Lösung.

Mein Sohn suchte nach einer Möglichkeit, etwas anderes zu träumen. Sein Bild vom Wildpark war anfangs noch verschwommen. Ihm reichte es aus, die Frage nach der Bedingung "und kannst Du" mehrmals in verschiedenen Varianten zu hören und diesem Gedanken nachzugehen. Dadurch konnte er seine Lösungsvorstellung stabilisieren und schlussendlich umsetzen.

Es ist immer wieder fantastisch, wie Menschen mit Hilfe von Clean Language fast spielerisch ihre eigenen Ziele erreichen. Auch morgens um halb drei.

Bildquelle

Wildpark Bad Mergentheim: http://www.wildtierpark.de/wildkatze2

Anregung

Haben Sie auch von einem Clean Language Anwendungsbeispiel zu berichten? Dann senden Sie uns diese doch bitte. Wir veröffentlichen diese gerne.

Autoren dieses Clean Language Anwendungsbeispiels bzw. dieses Blogs

Hans-Peter Wellke
Bettina Wellke
www.CleanLanguage.de